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FC LAMPEDUSA

Zentraler Busbahnhof der "Freien" und Hansestadt Hamburg. Busdrehkreuz am "Tor zur Welt".
Eine ältere Dame beobachtet das Geschehen, seit 2 Stunden steht sie da jetzt schon. Bewegt sich die Gruppe, bewegt sie sich mit ihr, wie ein Schatten. Sie versucht herauszufinden, worum es hier geht, was das für eine Konstellation von Menschen ist. Fragen tut sie nicht. Das haben andere Passagiere schon getan. So konnte sie ein paar Informationen ergattern. "Ah, ein Fußballteam? Das ist ja toll! Und wo fahren sie hin?" fragen uns die AIDA-Kreuzfahrtgäste, die in langer Schlange auf ihren Bus warten.

Wir, als unser WIR fährt heute nirgendwo hin.
Leider!

Wir würden jetzt auch lieber woanders hinfahren, zu einem schönen Freundschaftsspiel zum Beispiel oder einem Turnier mit und bei Freund_innen. "Nein, wir müssen uns heute leider schon wieder von Spielern verabschieden, zwei unserer Brüder und deren Familie müssen das Land verlassen!", erklärt einer unserer Spieler. "Oh nein, das ist ja schreckliche", sagt eine Lady. "Warum?", fragt eine andere. Die Spieler des FC Lampedusa St.Pauli erzählen den wartenden Menschen die Geschichte der letzten zwei Jahre, die Geschichte von Hoffnung und Warten, von Panik und der ständigen Angst davor, mitten in der Nacht von der Polizei - wie ein anderer unserer Mitspieler und seine Familie - abgeholt zu werden, obwohl der juristische Beistand sagte, die Familie brauche sich keine Sorgen zu machen. Die Leute merken, dass es den Spielern nicht leicht fällt darüber zu reden, sie sehen in ihren Gesichtern die Angst, die Angst davor, dass sie die nächsten sein könnten.

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Viele der wartenden Tourist_innen haben Kinder, Kinder im gleichen Alter. Diese beiden Jungs und ihre drei kleineren Geschwister, die mit ihrer alleinerziehenden Mutter in einer Stunde Hamburg und ihre Fußballfamilie verlassen müssen, würden nichts lieber tun, als sofort mit ihnen zu tauschen. Schulstress und Notendruck inklusive. Sie müssen weg. "RAUS", mitten im Schuljahr, mitten in den Ferien, ohne sich von ihren Schulfreund_innen und Lehrer_innen verabschieden zu können, ohne Zeugnisse ausgehändigt zu bekommen, die die Voraussetzung dafür sind, in ihrem sogenannten "sicheren Herkunftsland", die Schule besuchen zu können. Vorausgesetzt man hat das nötige Kleingeld und gehört nicht zu einer ethnischen Minderheit.
Einer der Spieler und seine große Liebe müssen sich verabschieden, das wahrscheinlich größte und herzzerreißendste Drama an diesem sonnigen Vormittag. Sie darf bleiben, er muss "RAUS", alles, was diesen beiden Menschen im letzten Jahr ihr extrem schwieriges, junges Leben versüßt hat, wird ihnen jetzt genommen. Für Menschen in diesem Alter sind 9 Monate - so lange gilt die Einreisesperre für die gesamte Familie - verdammt lang, zum heiraten sind sie noch zu jung, sonst hätte man diese wundervolle Liebe nicht so einfach auseinander reißen können.
Deswegen machen wir weiter und hoffen, dass wir noch mehr Aufmerksamkeit schaffen werden, noch mehr Kräfte bündeln und mit unserer Fußballfamilie unseren Teil dazu beitragen, eine bessere Welt zu schaffen, eine Welt in der jeder Mensch ihren oder seinen selbst auserwählten Platz findet, egal wo das auch immer ist. Eine Welt in der alle Menschen leben können, wo sie wollen, wo sie sich zuhause fühlen, wo sie sein dürfen, wie sie sind und wo es keine Rolle spielt in welcher Region dieser einen Welt man das Licht der Erde erblickte, bzw. die Eltern geboren wurden.


 

ALLE BLEIBEN - WO SIE WOLLEN

HERE TO PLAY - HERE TO STAY

FC LAMPEDUSA ST.PAULI

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